Liebe Gemeinde!

Von dem Liedermacher Wolf Biermann stammt ein interessantes Zitat. Wolf Biermann gesagt: „Die Auferstehung ist die härteste Währung auf dem Markt, wo Hoffnungen gehandelt werden.“

Ich finde es interessant, dass Wolf Biermann das Osterwunder in den Zusammenhang von Börse, Finanzen und Wirtschaft setzt. Ein wenig ungewöhnlich, geht es im Glauben an Jesus Christus eben nicht um vergängliche Dinge wie Geld und materiellen Besitz. Auf der anderen Seite holt uns Deutsche genau diese Rede von der „harten Währung auf dem Markt der Hoffnungen“ gut ab. Die heftige Diskussion um das Aussetzen der Schuldenbremse im Bundestag, um Sondervermögen und das Aufnehmen zusätzlicher Schulden, zeigt uns: Hier geht es den Deutschen um etwas ganz Wichtiges. Hier wird gewissermaßen eine „Heilige Kuh“ geschlachtet. Schließlich hat die Vorstellung von einer „harten Währung in der Bundesrepublik Deutschland eine lange Tradition: Schon zu D-Mark-Zeiten waren die Deutschen stolz auf den stabilen Geldwert ihrer Währung, - gerade gegenüber anderen Währungen in Nachbarländern. So genannte „Harte Währungen“ zeichnen durch große Stabilität aus. Sie sind nicht anfällig für Inflation und bringen in der Regel verlässliche hohe Zinsen. Aus gutem Grund hatte nicht nur die schwäbische sparsame Familie ihr Sparguthaben in der damaligen D-Mark-Währung angelegt, sondern auch ausländische Investoren.

Auch, wenn wir inzwischen seit 25 Jahren ein Teil des Euro-Raumes sind: Das Festhalten an einer harten, verlässlichen Währung hat Tradition in Deutschland und ist bis heute vielen Deutschen ein wichtiges Anliegen. So wichtig, dass nicht wenige Deutsche bereit sind, für eine „harte Währung“ einzusparen und Einschränkungen auf sich zu nehmen. Insoweit ist die Rede von der Auferstehung als „harte Währung“ ein durchaus treffender Vergleich, finde ich. Ungewöhnlich, aber treffend.

Außerdem findet sich genau dieser Vergleich auch in der Bibel, und zwar in dem heutigen Predigttext. Der Predigttext für den Quasimodogeniti-Sonntag ist der Anfang des 1. Petrusbriefes. Dieser erste Petrusbrief beginnt, nach der Angabe der Adressaten und des Absenders, mit einem großen Lobpreis auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Ich lese:

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.“

Liebe Gemeinde! Der Glaube ist etwas ganz Kostbares. Viel kostbarer als alles Gold der Welt. Geld und Besitz sind vergänglich. Der Glaube bleibt, weil er im Feuer geläutert, also gereinigt wurde. Man könnte schon sagen: Der Glaube hat seine Reinigung im Osterfeuer erlebt.

Das Feuer ist ja ein uraltes Zeichen für Reinigung und Verwandlung. Wenn sich heutzutage immer mehr Menschen für eine Feuerbestattung entscheiden, dann besitzt das durchaus eine hohe Symbolkraft. Bei der Entscheidung eine Feuerbestattung spielen nicht nur hygienische Gründe oder die Frage nach der Grabpflege eine Rolle. Wenn Menschen ihre Verstorbenen verbrennen lassen, dann steckt dahinter letztlich auch die Hoffnung auf Reinigung und Verwandlung. Feuer ist Licht, ist Energie, ist Protest gegen Dunkelheit und Finsternis. Und dort, wo Licht und Energie entsteht, da ist Leben, neues Leben, verwandeltes Leben.

Es hat seinen guten Grund, warum das Osterfeuer eine Schlüsselfunktion unter den Osterbräuchen einnimmt. Das Feuer markiert den Wendepunkt im Plan Gottes. Die Finsternis des Karfreitags war gestern. Morgen geht die Sonne auf und das Licht besiegt die Finsternis. Aus dem Osterfeuer heraus, so könnte man mit unserem Predigttext sagen, entsteht die neue Währung für alle Menschen, die Hoffnung brauchen. Die Währung der Auferstehung von Jesus Christus. Es ist eine Währung, die Gott selbst ausgibt. Darum ist sie auch so hart, so stabil. Allerdings, und das muss auch gesagt werden, ringt uns diese Währung auch einige Opfer ab.

Das ist es auch, was der Schreiber des 1. Petrusbriefes seinen Gemeinden deutlich sagt: Der Glaube an die Auferstehung ist nicht schnell und locker verdient. Es geht nicht ab ohne Leiden, ohne Zweifel und Anfechtungen. Man kann den ganzen 1. Petrusbrief ist ein „seelsorgerliches Mahnschreiben“ bezeichnen. Der Briefschreiber beschwört seine Gemeinde: „Gebt jetzt bloß nicht auf! Ich weiß, dass euch eure Nachbarn schief anschauen, weil ihr Christen geworden seid. Ich weiß, dass ihr Verdächtigungen und misstrauen ausgesetzt seid, dass ihr angezeigt und verhaftet werden, obwohl ihr nichts getan habt. Genauso ist es Jesus auch gegangen. Aber er hat den Tod besiegt.“ Zweifel und Verunsicherung gehören dazu.

Das ist heute nicht anders als damals. Wir werden zwar nicht verfolgt, nur weil wir Christen sind. Aber der Glaube ist heute längst nichts Selbstverständliches mehr, kein Selbstläufer. Es ist auch schwer, sich an etwas festzuhalten, was man nicht sieht. Da wirkt schnell verdientes Geld doch viel attraktiver, als der mühsame und steinige Weg des Glaubens. Vor allem, wenn es der Glaube an einen auferstandenen Gottessohn ist, den man nicht sieht. Was unsere Augen sehen, ist ja tagtäglich genau das Gegenteil: Da haben diejenigen die Nase, die rücksichtslos ihren eigenen Vorteil suchen, die Hass und Wut schüren, die Kriege befeuern und andere in den Tod schicken. Diese Menschen sind es, die zunehmend gewählt werden oder militärische Erfolge erzielen. Moral und Glaube scheinen dagegen nicht hoch im Kurs zu stehen. Es ist ja auch wirklich nicht leicht, wenn man das, woran man glauben soll, nicht sieht.

Das weiß auch der unbekannte Verfasser des 1. Petrusbriefes. Zweifel an Ostern, an der Auferstehung, an der Kraft des Osterlichtes, die gehören dazu. Im Gegenteil: Der Glaube, der durch das Feuer von Leid, Verunsicherung und Zweifel geläutert, also gereinigt wurde, dieser Glaube besitzt eine besondere Stärke. Niemand muss sich schämen, wenn er an Gott schon einmal gezweifelt hat oder zweifelt, wenn er mit Gott hadert, weil es den Gottlosen scheinbar so gut geht, weil diejenigen Erfolg haben, die nur ihre eigenen Interessen verfolgen. Wer zweifelt ist kein Christ zweiter Klasse. Trotzdem lohnt es sich, an den auferstandenen Jesus Christus zu glauben. Es „zahlt sich aus“, - im wahrsten Sinne des Wortes. Denn das Erbe wartet bereits im Himmel, heißt es im Predigttext.

Das Erbe. - Das ist wieder so eine Formulierung in der Sprache des Geldes. Was ist denn mit diesem Erbe gemeint, auf das wir Christen hoffen. Auf welches Erbe dürfen wir uns denn freuen? Im 1. Petrusbrief ist mehrmals die Rede von der „Seligkeit der Seele“. Das ist das Ziel. Das ist der Weg. Die Seligkeit der Seele. Wer selig ist, dem fehlt es an nichts mehr. Wer selig ist, der denkt nicht mehr an das, was war, an die das Leid und an die vielen Opfer. Wer selig ist, der hat keine Wünsche mehr Er oder sie geht einfach ganz auf im Genuss des Augenblicks. Das ist Seligkeit. Man könnte auch sagen: Seligkeit ist Glück auf höchster Nachhaltigkeitsstufe, ist Glück der Stufe A oder 1. Wer dagegen auf materiellen Gewinn, auf Macht und Geld setzt, der will immer mehr haben. Geld und Macht besitzen ein unglaublich hohes Suchtpotential. Durch die Werbung wird dieses Suchtpotential noch zusätzlich befeuert: Du kannst nicht wirklich glücklich sein, wenn du dieses oder jenes nicht besitzt. Und um dieses oder jenes zu besitzen, brauchst du wieder mehr Geld. Und so schließt sich der ewige Teufelskreis von Mehr-Haben-Wollen und dem Bedürfnis, noch mehr sinnlose Dinge anzuhäufen und zu sammeln. Dinge, die am Ende doch nur eine Last, eine Belastung sind und die irgendwann von deinen Kindern oder Enkeln entsorgt werden müssen.

Dazu passt auch die Tageslosung aus dem Herrnhuter Losungsbüchlein für den gestrigen Samstag. Ich Buch des Predigers Salomo im Alten Testament heißt es: „Wer Geld liebt, wird vom Geld niemals satt, und wer Reichtum liebt, wird keinen Nutzen davon haben.“ Nein: Das, was wir Menschen brauchen, das ist die Seligkeit der Seele, das ist dieses Glücksgefühl, das nicht nach noch mehr und nach noch intensiveren Erlebnissen verlangt. Der Verfasser des 1. Petrusbriefes sagt: Freut euch! Auch, wenn ihr immer noch leidet an dieser Welt, an Gemeinheit und Bosheit eurer Mitmenschen. Freut euch, denn der Weg geht in Richtung Seligkeit. Das zeigt uns der auferstandene Jesus. Ich rede nicht von einer rosarot-himmelblauen Eierkuchen-Vorfreude. Aber es ist eine Freude mit hohem Nachhaltigkeitspotential.

Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.